Ambulantes OP-Management: 10 Tipps für reibungslose Abläufe

Das OP-Management hat heute im Krankenhaus seinen festen Platz.

Doch wie sieht es beim ambulanten Operieren aus?

Auch wenn in den meisten ambulant operierenden Facharztpraxen und Praxiskliniken nur ein bis zwei OP-Säle betrieben werden:

Die dahinter stehende Logistik ist nicht zu unterschätzen.

Da insbesondere die Ressourcen Raum, Material und Personal hier meist knapper sind als in der Klinik.

Während in der gleichen Zeiteinheit ein (deutlich) höherer Patientendurchsatz erreicht wird.

Wie sollte nun ein optimaler OP-Tag in der Praxis aussehen?

Wir haben 10 elementare Schritte für einen reibungslosen Ablauf identifiziert und leiten daraus die folgenden Tipps ab:

#1 Terminvereinbarung nicht ad hoc

Der OP-Tag beginnt schon Wochen vor dem eigentlichen Termin.

Denn der Patient muss zuerst in die operativ tätige Facharztpraxis kommen, Vertrauen zum Behandler fassen und letztlich eine Operation auch wollen.

Natürlich freut sich jeder Patient darüber, möglichst zeitnah einen Termin zu erhalten.

Montags aber in die Sprechstunde zu kommen und schon am Mittwoch der gleichen Woche auf dem OP-Tisch zu landen, ist eher keine vertrauensbildende Maßnahme.

Sondern lässt die Frage aufkommen:

„Haben die hier sonst nichts zu tun?“

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient am OP-Tag nicht zum vereinbarten Termin erscheint – womöglich sogar ohne abzusagen – ist in diesem Fall nicht gering.

Jeder „no show“ Patient wirbelt jedoch den OP-Plan durcheinander und löst damit weiteren Organisationsaufwand aus.

#2 Formulare frühzeitig aushändigen

Es es sinnvoll, den Patienten sämtliche Unterlagen sowohl der operativen Praxis als auch der Anästhesie-Praxis schon bei der Terminvereinbarung auszuhändigen.

Dazu zählen unter anderem:

  • Anamnese- und Aufklärungsbögen
  • OP-Einwilligung
  • Verhaltensregeln
  • ggf. Kostenplan, Honorartabellen etc.

Verbunden mit dem Hinweis, sich alles zuhause in Ruhe durchzulesen, die Formulare auszufüllen und zusammen mit der Versichertenkarte am OP-Tag mitzubringen.

Auch eine Telefonnummer und/oder Mailadresse sollte den Patienten mitgeteilt werden.

Für den Fall, dass im Vorfeld Fragen zur Operation oder Narkose auftauchen.

#3 OP-Planung mit Vorlauf

Idealerweise wird der OP-Plan mit einem Vorlauf von etwa drei bis vier Wochen erstellt.

So können im Bedarfsfall noch Befunde eingeholt, anästhesiologische Besonderheiten geklärt und ggf. die Abrechnungsart festgelegt werden (welche OPS-Ziffer, ärztlich/zahnärztlich, Selbstzahlerleistung etc).

Der OP-Plan sollte dahingehend gestaltet werden, dass das Behandlungsteam am OP-Tag nicht auf Patienten warten muss.

Andererseits sollten die Patienten nicht zu weit vor ihrem eigentlichen OP-Termin einbestellt werden, um unnötige Wartezeiten auf dieser Seite zu vermeiden.

Dafür ist es notwendig, die Zeiten für jeden Eingriff realistisch, das heißt mit den praxisüblichen Zeiten einzuplanen.

Dies beinhaltet selbstverständlich nicht nur die reine OP-Zeit, die der Operateur verantwortet.

Sondern auch die folgenden Maßnahmen:

  • Anästhesie-Aufklärung
  • Narkose-Einleitung
  • Narkose-Ausleitung
  • Transfer des Patienten in den Aufwachraum (AWR)
  • Aufbereitung des OP-Saals/Eingriffraums

#4 Abklärung „besonderer“ Patienten im Vorfeld

In manchen Fällen bestehen beim Operateur Zweifel, ob ein Patient für die Operation respektive Narkose unter ambulanten Bedingungen geeignet ist.

Sei es aufgrund von Vorerkrankungen, Behinderungen, Sprachbarrieren oder anderen Gründen.

In diesem Fall empfiehlt es sich, den betreffenden Patienten der Anästhesiepraxis im Vorfeld vorzustellen.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Patient am OP-Tag aus Sicherheitsgründen vom Anästhesisten abgelehnt wird.

Das sorgt für große Frustration auf drei Seiten:

Der Patient ärgert sich, dass sein OP-Termin ungenutzt verstreicht und versteht nicht, warum das Problem nicht im Vorfeld erkannt wurde.

Der Operateur ärgert sich über den Anästhesisten, der ihm das OP-Programm „zerschießt“.

Der Anästhesist ist frustriert, dass er den Unmut der beiden anderen Parteien abbekommt, obwohl er ganz im Sinne der Patientensicherheit entschieden hat.

Diese Situation lässt sich durch eine rechtzeitige Besprechung und Vorstellung des Patienten einfach vermeiden.

#5 Terminerinnerung an Patienten

Ein zunehmendes Ärgernis in Arztpraxen und damit auch im operativen Bereich ist das bereits erwähnte „no show“-Phänomen.

Die Rede ist von Patienten, die einfach nicht zu ihrem OP-Termin erscheinen. Und diesen entweder erst unmittelbar vorher oder wahlweise gar nicht absagen.

Dahinter mag im Einzelfall eine gewisse Verantwortungslosigkeit stecken.

Manche Patienten vergessen in der Hektik des Alltags jedoch schlicht und einfach ihren Termin.

Abhilfe können hier Software-Lösungen verschaffen, welche die Patienten per SMS-Versand aufs Mobiltelefon ein paar Tage vor dem Termin an den geplanten Eingriff erinnert.

Ja, das kostet ein bisschen extra.

Andererseits ist jede aufgrund von „Schusseligkeit“ ausgefallene Operation sicher deutlich teurer.

Werden die Patienten zusätzlich am Vortag von der operativen Praxis angerufen, reduziert sich das „no show“-Phänomen erfahrungsgemäß auf ein Minimum.

Unser Podcast zum Thema:

Podcast Spritze & Skalpell

#6 Dynamische OP-Planung

Die OP-Planung sollte am OP-Tag dynamisch sein. Das bedeutet:

Sagt ein Patient kurzfristig ab oder teilt telefonisch mit, dass er sich verspäten wird, sind nach Möglichkeit andere Patienten im Plan vorzuziehen.

Dafür braucht es nicht unbedingt einen OP-Manager, aber jemanden aus dem Team der operativen Praxis, der Verantwortung für die OP-Abläufe übernimmt.

Ein gutes, mitdenkendes Team an der Anmeldung („Theke“) wirkt hier wahre Wunder und entlastet die OP-Mannschaft von organisatorischen Dingen.

#7 Fokus des Operateurs auf OP

Der Fokus des Operateurs sollte an diesem Tag auf dem OP liegen, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden.

Parallel durchgeführte Behandlungen in der Praxis sollten daher entweder gar nicht stattfinden oder auf ein absolutes Minimum beschränkt werden.

Der OP ist schließlich der teuerste Bereich einer Praxis und sollte aus diesem Grund effizient genutzt werden.

#8 Standards und Prozesse für den OP-Ablauf

In der Klinik waren wir immer fassungslos, wenn selbst langjährig erfahrene OP-Pflegekräfte bei Routine-Eingriffen offensichtlich kopf- bzw. planlos instrumentierten und nicht mit dem OP-Ablauf vertraut waren.

Das sollte beim ambulanten Operieren erst recht nicht vorkommen.

Standardisierte Abläufe, sogenannte Standard Operating Procedures (SOPs), sollten für alle wichtigen Prozess-Schritte schriftlich festgehalten werden:

  • Richten des OP-Tisches
  • Ablauf des Eingriffs
  • Aufbereiten des Saales
  • Reinigung/Aufbereitung der verwendeten Instrumente

So lassen sich Reibungs- und Zeitverluste minimieren.

Mit Hilfe von Checklisten können selbst neue Mitarbeiter in der Praxis den Instrumentiertisch für die nächste Operation vorbereiten.

Und in den Standard Operating Procedures (SOPs) steht Schritt für Schritt geschrieben, wie jede einzelne Operation abläuft.

Das Erstellen von SOPs und Check-Listen bedeutet einmalig einen gewissen Arbeitsaufwand, vereinfacht danach aber die tägliche Arbeit auf Jahre.

#9 Kurze Wechselzeiten

Selbstverständlich tragen auch wir Anästhesisten zu einem gelungenen OP-Ablauf bei!

Die Narkose sollte so geführt werden, dass der Patient direkt im Anschluss an die operativen Maßnahmen wach wird und wenig später den OP – im Idealfall gehend – Richtung Aufwachraum verlässt.

Die Dauer der Nachbeobachtungsphase sollte abhängig von der Art des Eingriffs gemacht werden, und nicht dem Abbau lang wirksamer Anästhetika dienen.

Aus diesem Grunde sehen wir die präoperative Gabe von Benzodiazepinen in der ambulanten Anästhesie kritisch.

Auch bei Kindern kann bei entsprechendem Handling auf Midazolam verzichtet werden.

Andernfalls verlängert sich neben der Aufwachphase erfahrungsgemäß auch die Aufenthaltsdauer im Aufwachraum, was den Personalaufwand in der Praxis erhöht.

Die rechtzeitige, intraoperative Gabe von Analgetika führt ebenfalls zu einem kürzeren Aufenthalt im Aufwachraum und erhöht darüber hinaus die Zufriedenheit der Patienten.

Auch in der anästhesiologischen Praxis sollten die Abläufe mittels SOPs und Checklisten geregelt sein und das Rad nicht jeden Tag neu erfunden werden.

#10 Festgelegtes Entlassungsprocedere

Sobald sich die Patienten nach der Operation und Narkose fit fühlen und weder nennenswerte Schmerzen noch Übelkeit empfinden, sollte die Entlassung aus dem Aufwachraum erfolgen.

Dies ist bei kleineren Eingriffen in der Regel bereits nach etwa 30 Minuten der Fall.

Voraussetzung für die Entlassung der Patienten ist – mangels Verkehrstüchtigkeit nach Narkose – die Anwesenheit einer erwachsenen Begleitperson in der Praxis.

Die Patienten länger als medizinisch notwendig im Aufwachraum zu „bunkern“, ist bei einer geringen Zahl von Überwachungsplätzen nicht nur für den OP-Ablauf kontraproduktiv.

Sondern sorgt insbesondere bei hungrig-durstigen Kindern für eine mäßige „customer experience“, die sich eher früher als später in lautstarken Unmutsbekundungen äußert …

Fazit für das ambulante OP-Management

Für einen reibungslosen OP-Betrieb in der Facharztpraxis kommt es auf die Performance sowohl des OP-Teams als auch des Anästhesie-Teams an.

Darüber hinaus stellt das Zusammenspiel beider Teams ein Knackpunkt dar.

Beide Seiten müssen klar wissen, wer an welcher Stelle für was zuständig ist.

Hierfür empfiehlt sich der Abschluss einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung zwischen operativer und anästhesiologischer Praxis im Sinne einer Schnittstellen-Beschreibung.

Klar ist: jede Unklarheit, jede Insuffizienz im Gesamtprozess führt zu einer Verzögerung – und sei es nur für wenige Minuten.

Multipliziert man die in diesem Artikel vorgestellten 10 Prozess-Schritte mit einer Vielzahl von Patienten, kommen so schnell 1-2 Stunden „Leerlauf“ pro OP-Tag zusammen.

Dies führt zu geringeren Einnahmen auf der einen Seite und höheren Ausgaben auf der anderen.

Sowie zu der ärgerlichen Erkenntnis, dass es eigentlich deutlich besser laufen könnte …